Gemeinsam haben Bibliothekarinnen und Bibliothekare, Designer/-innen sowie junge Expertinnen und Experten an Projektideen zur Nachhaltigkeit in Bibliotheken gearbeitet. Das vom Goethe-Institut Athen initiierte Projekt »Common Waste – Common Libraries« zeigt, wie wir grüne Bibliotheken noch denken können. Wir verstehen Bibliotheken als Räume des »Commonings«, in denen Wissen geteilt und frei zur Verfügung gestellt wird. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit dabei? Dieser Frage widmete sich das Regionalprojekt, welches zwischen Mai und Dezember 2024 an sieben Goethe-Instituten in Südosteuropa realisiert wurde.
Der Ausgangspunkt: In Zeiten von tausenden Tonnen Abfall im Mittelmeerraum und kaum entwickelter Infrastruktur für Recyclingprozesse in Südosteuropa soll »Common Waste – Common Libraries« das Wissen über Nachhaltigkeit, Abfallvermeidung und Recycling erweitern und junge Initiatoren miteinander vernetzen.
Nach einem Open Call for Applications wurden siebzehn Teilnehmende aus sieben Ländern (Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Rumänien, Serbien und der Türkei) zu einem Ideathon am Goethe-Institut Zagreb eingeladen. Eine bunt gemischte Gruppe aus jungen Menschen mit verschiedenen beruflichen und kulturellen Hintergründen fand so vom 5. bis 7. Juni 2024 zusammen. An Tag eins erhielten sie Input zum Thema Abfallmanagement und nachhaltigem Design sowie Einblick in Positivbeispiele wie die Grüne Bibliothek der Stadt Karlovac in Kroatien.
Teambildung und Design Thinking im Grünen
Der zweite Tag des Ideathon widmete sich dem Teambuilding. Die größte Herausforderung bestand darin, in kürzester Zeit spannende Ideen zu finden und gleichzeitig länderübergreifende Teams zu bilden, die motiviert sind, in den kommenden Monaten über Ländergrenzen hinweg gemeinsam an einer Projektidee zu arbeiten. Der Projektpartner Green Network of Activist Groups (ZMAG) hatte hierzu als Gastgeber einen großen Beitrag geleistet. Denn dieser Tag fand im »Recycled Estate« statt, dem Sitz und Wohnort von ZMAG in Vukomerec, 30 Autominuten von Zagreb entfernt.
Für den dynamischen und intensiven Prozess war es sehr von Vorteil, ihn inmitten der Natur durchzuführen. Recycled Estate ist ein ökosoziales Bildungszentrum für Permakulturdesign und nachhaltiges Leben, sodass die Teilnehmer/-innen sehen konnten, wie es in der Praxis aussieht, wenn jemand versucht, Nachhaltigkeit, Gemeingüter, Abfallreduzierung und Kreislaufwirtschaft miteinander zu verbinden. Am Ende des Design-Thinking-Prozesses bildeten sich vier Teams, die unterschiedliche kulturelle und berufliche Hintergründe vereinen.
Projektentwicklungsphase über Ländergrenzen hinweg
Nach dem erfolgreichen Ideathon hieß es nun für die Teams, sich in den nächsten Monaten an die Ausarbeitung ihrer Projektideen zu machen – und dies unter nicht gerade leichten Bedingungen: Die Teams bestehen aus jeweils bis zu vier verschiedenen Nationalitäten und mussten sich remote über Ländergrenzen hinweg verschiedenen Herausforderungen stellen. Betreut wurden sie während dieser Zeit auf organisatorischer Ebene vom Goethe-Institut Athen, auf inhaltlicher Ebene vom Projektpartner ZMAG mit den dortigen Mentoren und Experten zu den Themen Nachhaltigkeit, Bildungsarbeit und Design. In Online-Workshops bekamen die Teams Zwischenfeedback und weiteren Input.
Vier Teams – vier völlig unterschiedliche Ansätze zur Bewältigung der Abfallproblematik
Am 25. September präsentierten die vier Teams schließlich ihre Projektideen online bei einer öffentlichen Abschlussveranstaltung, an der 50 Gäste aus aller Welt teilnahmen.
Die vorgestellten Projektergebnisse könnten kaum unterschiedlicher sein:
1. Team »Book it« – ein Projekt, das Innovation und Forschung kombiniert, um das Potenzial von Mycelium-Pilzen als nachhaltiger Ressource zu erforschen. Verwendet werden alte und ausrangierte Bücher oder Papier als Grundlage für neue Materialien, um zum Beispiel umweltfreundliche Bücherregale zu bauen.
2. Team »Co-Lib« – hat eine Website erstellt, die eine Vielzahl von multimedialen Toolkits zu Nachhaltigkeitsthemen bereitstellt, Bibliothekare im Balkanraum miteinander vernetzen und so den Bibliotheksbetrieb und seine Dienstleistungen verbessern soll.
3. Team »Change the script« – ein Projekt, das Theater, Kunst und Recycling miteinander verbindet und Communities durch die transformative Kraft des Theaters näher zusammenbringen soll. Ziel ist es, Bibliothekaren ein Toolkit zur Verfügung zu stellen, mit dem sie ihre eigenen nachhaltigen Theaterprojekte entwickeln und Bibliotheksräume mit innovativen, gemeinschaftsorientierten Aufführungen bereichern können.
4. Team »Sustainable Neighbours« – auf Grundlage der Ergebnisse ihrer eigenen Umfrage unter Bibliothekarinnen und Bibliothekaren in Griechenland und der Türkei entwickelten sie einen umfassenden Leitfaden mit Strategien für eine nachhaltigere Gestaltung von Bibliotheken angelehnt an die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN. In Form von Workshops in Bibliotheken werden die Ergebnisse implementiert.
Fazit: Die soziale Ebene von Nachhaltigkeit
Die Umsetzung der Projekte an Bibliotheken ist derzeit in vollem Gange. Workshops, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen oder Theateraufführungen werden in Zusammenarbeit mit den Goethe-Instituten und anderen Institutionen in den sieben teilnehmenden Ländern realisiert.
In den vergangenen Monaten sind kreative und sehr unterschiedliche Ansätze entstanden, um Bibliotheken als Räume für Nachhaltigkeit und informelle Bildung zu stärken. Die ursprüngliche Programmidee, die sich noch stärker auf das Thema Abfallmanagement und Recycling konzentrierte, wurde von den einzelnen Teams unterschiedlich umgesetzt. Letztendlich spielte die soziale und pädagogische Ebene von Nachhaltigkeit eine entscheidendere Rolle bei der Entwicklung. Weitere Details zum Projekt gibt es hier.
Alexandra Vavelidou ist Projektkoordinatorin im Goethe-Institut Athen (Bereich Information und Bibliothek).