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Bibliotheken im Kulturkampf von rechts

Eine aktuelle Broschüre der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) gibt Tipps und Empfehlungen für die Praxis.
Die hilfreiche Broschüre »Alles nur leere Worte? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken« kann kostenlos heruntergeladen oder als Printexemplar bestellt werden.

 

Den Kulturkampf von rechts bekommen neben den Akteurinnen und Akteuren der demokratischen Zivilgesellschaft auch Medien und Journalistinnen und Journalisten zu spüren, Einrichtungen wie Theater, Museen und Gedenkstätten – und auch Bibliotheken. Was ist zum Beispiel zu tun, wenn, wie bei einem Vortrag einer Rechtsextremismus-Expertin in der Stadtbibliothek Erlangen im Mai 2023, mehrere einschlägig bekannte Rechtsextreme gekommen sind und fotografieren? Und was tun, wenn, wie im Juni 2023 in der Stadtbibliothek München, eine Lesung aus Kinderbüchern von einer Autorin und zwei Drag-Künstler/-innen angekündigt ist und allein die Ankündigung zu wütenden Reaktionen von Politikerinnen und Politikern führt, sogar ein Verbot der Veranstaltung verlangt wird und schließlich Rechtsextreme Protest vor Ort ankündigen?

Eine zentrale Frage für Bibliotheken ist der Umgang mit rechtsextremen, rechtspopulistischen, rassistischen, antisemitischen und verschwörungsideologischen Medien. Darüber hinaus sind Bibliotheken aber auch mitunter selbst von Angriffen betroffen und dadurch gezwungen, zu reagieren und Haltung zu zeigen: Ob im Fall von Versuchen der Einflussnahme aus dem parlamentarischen Raum, etwa durch die AfD, ob im Fall von Beleidigungen und Bedrohungen im analogen oder digitalen Raum oder durch Akte der Zerstörung von bibliothekarischem Eigentum.

Der Kulturkampf von rechts und seine Stellung im Rechtsextremismus und in der Neuen Rechten

Der Kulturkampf setzt an der Initiierung und Beeinflussung von Debatten an, wobei das Ziel ist, zentrale gesellschaftliche Werte- und Moralvorstellung infrage zu stellen und darüber einen autoritären Umbau der Gesellschaft zu fördern. Ein Netzwerk aus meinungsbildenden Institutionen und Personen, das sich selbst als »Neue Rechte« bezeichnet, aber teilweise schon seit Jahrzehnten unter dieser Bezeichnung agiert und im Rechtsextremismus zu verorten ist, zum Teil aber auch aus dem konservativen Spektrum kommt, hat sich dieses Einwirken auf die Gesellschaft zum Ziel gesetzt.



Über publizistische Mittel sollen entsprechende Inhalte entwickelt, diskutiert und verbreitet werden. Sie beschwören eine existenzielle Kampf- und Schicksalsgemeinschaft, die durch Konflikte und notfalls Krieg die äußeren und die inneren Feinde der Ordnung zu besiegen gezwungen ist. Um diese Weltanschauung zu vermitteln, ist ein Kultur- und Kampfbegriff entscheidend, der auf Feindbestimmung beruht. Ob »Multikulturalismus«, »Cancel Culture«, »Klimalobby« oder »Genderwahn«: Genauere Ausführungen zum Kulturkampf von rechts finden sich in der Broschüre der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) »Alles nur leere Worte? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken«.

Bibliotheken im Kulturkampf von rechts

Grundsätzlich betrachtet, geraten Bibliotheken im Kulturkampf von rechts von zwei Seiten unter Druck. Zum einen betrifft die Etablierung und Vernetzung von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteurinnen und Akteuren im Verlagswesen und in der Publizistik auch Bibliotheken, die mit entsprechenden Medien einen Umgang finden müssen. Und zum anderen wird versucht, sie für die nationalistische Sinnstiftung und Brauchtumspflege aktiv einzuspannen.

Doch Bibliotheken sehen sich nicht nur gefordert, einen bewussten und begründeten Umgang mit rechen Medien zu finden, sondern auch mit parlamentarischer und institutioneller Einflussnahme. Mit dem Aufstieg der AfD und ihrem Einzug in den Bundestag sowie in die Landes- und Kommunalparlamente hat auch sie die Möglichkeit erhalten, mit den Mitteln parlamentarischer Anfragen und Anträge Einfluss auf die Tätigkeit von öffentlichen Behörden und staatlich finanzierten Einrichtungen zu nehmen.



Des Weiteren setzen Rechtsextreme und Rechtspopulistinnen und -populisten im Rahmen ihres Kulturkampfs aber auch schlicht auf Provokationen und Störungen von demokratischen Veranstaltungen, auch im digitalen Raum.

Und schließlich sehen sich Bibliotheken zunehmend auch mit rechtsextremen, rassistischen, antisemitischen und verschwörungsideologischen Äußerungen von Besucherinnen und Besuchern sowie mit Anfeindungen, Bedrohungen und Sachbeschädigungen in ihren Einrichtungen konfrontiert.

Handlungsempfehlungen

Die MBR hat die Empfehlungen im Rahmen von Beratungsprozessen zusammen mit Beratungsnehmenden entwickelt, darunter auch mit Ratsuchenden aus Bibliotheken und ihrem Umfeld. Die Broschüre wurde bereits auf der BiblioCon 2023 in Hannover diskutiert und am 28. August 2023 in der Staatsbibliothek zu Berlin der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Sie enthält unter anderem Empfehlungen zum Umgang mit rechten Medien im Bestand, zur Erstellung eines demokratischen Leitbilds als Selbstverständnis und Arbeitsgrundlage, zur störungsfreien Durchführung von Veranstaltungen, zur Aufnahme von Antidiskriminierungsklauseln in die Haus- und Benutzungsordnung oder zum Umgang mit rechtsextremen und rechtspopulistischen Anmietungsversuchen.

Ausführlich beschrieben werden die Handlungsempfehlungen in der oben genannten Broschüre der MBR »Alles nur leere Worte? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken«. Sie steht hier kostenfrei als Download zur Verfügung und kann als Printexemplar (gegen Übernahme der Versandkosten) über die E-Mail-Adresse presse@mbr-berlin.de bestellt werden.

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