Bibliothekartag: Frankfurter Appell für ein zeitgemäßes Urheberrecht

Der Berufsverband Information Bibliothek (BIB) und der Verband Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) verabschiedeten während des 106. Deutschen Bibliothekartags den Frankfurter Appell für ein zeitgemäßes Urheberrecht. Foto: Ingo Bach, Messe Frankfurt Venue GmbH

Unter dem Motto "Medien - Menschen - Märkte" findet vom 30. Mai bis zum 2. Juni 2017 der 106. Deutsche Bibliothekartag in Frankfurt am Main statt. 3652 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus Bibliotheken und Informationseinrichtungen nehmen nach Angaben der veranstaltenden Verbände Berufsverband Information Bibliothek (BIB) und Verband Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) an der Veranstaltung teil. Sie diskutieren an den vier Veranstaltungstagen bedeutende und zukunftsweisende Trends und Entwicklungen in der Branche. Mit dem nachfolgenden Frankfurter Appell für ein zeitgemäßes Urheberrecht wenden sich BIB und VDB an die Politik:
 

Frankfurter Appell für ein zeitgemäßes Urheberrecht

Im Juni steht im Bundestag die zweite und dritte Lesung des sogenannten Urheberrechts-Wissenschaftsgesellschafts-Gesetzes an. Bibliothekarinnen und Bibliothekare erwarten die Verabschiedung eines neuen zeitgemäßen Urheberrechts für die Wissenschaft, wie es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2013 angekündigt wurde. Mit Sorge sehen sie, dass nach dem positiven Votum des Bundesrats für den Regierungsentwurf der Übergang zu einem wissenschaftsfreundlichen Urheberrecht durch einzelne Verlage und Medien unangemessen dramatisiert wird. Die Kritik, dass das neue Gesetz kleine Verlage benachteilige, ist ungerechtfertigt.

Die durch den Gesetzentwurf vorgesehenen Vereinfachungen und die Präzisierungen schaffen Rechtssicherheit und ermöglichen in vielen Fällen erst wissenschaftliches Arbeiten. Insbesondere der Einsatz gedruckter Bücher, Zeitschriften und Zeitungen in der digitalen Forschung und Lehre wäre gewährleistet, ohne dass dies zu einem unangemessenen Verwaltungsaufwand führt. Besonders wichtig sind die Regelungen für neue Methoden der geisteswissenschaftlichen Forschung wie das sogenannte Text- und Datamining, aber auch die Präzisierung der Regelungen für digitale Leseplätze in Bibliotheken und für elektronische Semesterapparate in Hochschulen.

Hinsichtlich des letzten Punktes haben die Unklarheiten der bisherigen Regelungen Ende des letzten Jahres fast zu einer Einstellung jener für die Hochschullehre unverzichtbaren Semesterapparate geführt. Bereits jetzt sind viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verunsichert, ob sie weiterhin Scans aus gedruckten Büchern für Studierende auf Lernplattformen bereitstellen können. Alternativ weichen sie aktuell auf selbsterstelltes Material oder auf technische Möglichkeiten außerhalb der Hochschulen aus. Ein Vorrang von Verlagsangeboten oder eine einzelfallbezogene Vergütung machen die Nutzung von gedrucktem Material unattraktiv. Nicht durch das neue Urheberrecht, sondern durch bürokratische Regelungen erleiden Verlage im wissenschaftlichen Umfeld einen Wettbewerbsnachteil.

In einem neuen Urheberrecht sollten Lösungen, die sich jahrzehntelanger Praxis bewährt haben, unbedingt erhalten bleiben. Wenn etwa künftig vor jedem Fernleihvorgang eine vorrangige vertragliche Regelung juristisch geprüft werden müsste, wäre auch diese traditionelle Dienstleistung gefährdet und die Abhängigkeit von den Lizenzen großer Verlage würde noch weiter zunehmen.

Bibliothekarinnen und Bibliothekare begrüßen die im Regierungsentwurf geschaffene Möglichkeit, dass die deutsche Nationalbibliothek ein öffentlich zugängliches Archiv freier Online-Quellen anbieten kann, die anderweitig nicht dauerhaft zugänglich sind. Sie setzen sich für die Vielfalt der Verlagslandschaft ein und erwarten von einem neuen Urheberrecht klare und verständliche Regelungen, die in der Praxis auch umsetzbar sind.

red / 31.5.2017

 

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