Weltwissen im Skatformat

Research Master: Studierende der Hochschule Hannover entwickeln ein innovatives Kartenspiel zur Auflockerung von Rechercheschulungen.
Kartenspiel Informationskompetenz Research Master
Weltwissen im Skatformat: Kartenspiel zur Auflockerung von Rechercheschulungen. Foto: Lea Schindler

Die Vielfalt der Recherchetools spielerisch vermitteln und für eine differenzierte wissenschaftliche Recherche sensibilisieren – dieser Aufgabe stellte sich im Sommersemester 2025 eine Projektgruppe des Studiengangs »Informationsmanagement berufsbegleitend« der Hochschule Hannover. Im Auftrag der Dozentin Anke Wittich und des Dozenten Andreas Walker entwickelte sie ein Kartenspiel zur Förderung der Informationskompetenz von Studienanfängerinnen und -anfängern aller Fachrichtungen. »Research Master« eignet sich ideal zur Auflockerung von Einführungsveranstaltungen rund um die Literaturrecherche. Dabei war es der Wunsch, die digitale Welt in ein analoges Spielerlebnis zu verpacken, das ohne mobile Endgeräte und technische Pflege auskommt. Für das Kartenformat sprach vor allem die leichte Nachnutzbarkeit, die bei den Brettspielen vorheriger Projekte weniger gegeben war.
 

»Tool it like a Pro!« lautet das Motto des Spiels. Die Idee: Karten mit Rechercheaufträgen werden geeignete Recherchetoolkarten zugeordnet. Nachdem drei Rechercheaufträge aufgedeckt wurden, versuchen zwei bis zehn Spielende, diese reihum mit passenden Recherchetools zu stechen, von denen sie bis zu fünf auf der Hand haben. Eine Zuordnung ist über die Symbole der Fachbereiche möglich, die sich auf beiden Kartentypen finden. Universal-Tools wie Suchmaschinen oder KI-Ressourcen können zum Lösen aller Recherchefragen genutzt werden und geben bei ihrem Einsatz einen Punkt. Vertiefen lässt sich die Recherche mit multidisziplinären Datenbanken, wie BASE oder Google Scholar, mit denen ebenfalls alle Aufträge gelöst, jedoch zwei Punkte erzielt werden können. Drei Punkte gibt es für den Einsatz von fachspezifischen Datenbanken, wie Fachinformationsdiensten oder -bibliografien. Wie auch im echten Leben kann ein Rechercheauftrag mit einem oder mehreren passenden Werkzeugen gelöst werden, wobei es auf die richtige Mischung ankommt. Wer fünf gelöst und dabei die meisten Punkte erlangt hat, gewinnt das Spiel.
 

Dem »Framework Informationskompetenz in der Hochschulbildung« entsprechend, vermittelt »Research Master« die Suche als strategische Erkundung: Spielende lernen ihren Informationsbedarf und Suchstrategien mit passenden Suchwerkzeugen abzustimmen, wobei auch Wikipedia und KI legitim sein können. Sie erleben, dass Recherchewerkzeuge in Inhalt und Format variieren und je nach Anforderungen und Art der Suche unterschiedliche Relevanz und Wert besitzen. Bestenfalls sammeln sie hartnäckig und verlassen sich nicht nur auf ein Tool.
 

Aktionskarten wie »Sci-Hub« oder »Bibliothek« ergänzen das Kartendeck und sorgen nicht nur für Abwechslung, sondern zeigen auch typische Recherchehürden auf. Die Spielenden entwickeln dabei ein Bewusstsein für problematische und fehlende Zugänge zu Informationsquellen oder die Bedeutung der Bibliothek als Informationsvermittlerin.
 

Die Entwicklung von »Research Master« fand unter besonderen Bedingungen statt: Zehn Köpfe, verteilt über ganz Deutschland, arbeiten im Rahmen eines berufsbegleitenden Seminars gemeinsam an einem kreativen Ziel – mit unterschiedlichen Hintergründen, Zeitplänen und der Herausforderung, Studium und Beruf miteinander zu vereinbaren. Diese Vielfalt an Perspektiven und die intensive Teamarbeit prägten den Entstehungsprozess des Kartenspiels maßgeblich und machten das Projekt zu einer wertvollen Lernerfahrung für alle Beteiligten. Besonders hilfreich erwiesen sich die Arbeit in Kleingruppen und das konsequente Nachhalten der Aufgaben, um die Organisation zu strukturieren und das Projekt erfolgreich voranzubringen.
 

Nach einer intensiven Ideenfindungsphase einigte man sich auf ein Kartenspiel, bestehend aus zwei Decks: Es wurden relevante Fachgebiete definiert und dazu passende Recherchetools gesammelt; parallel dazu entstanden die Rechercheaufträge. Auch das Kartendesign wurde bereits in dieser frühen Phase entwickelt. Um ihre Wertigkeit abzubilden, sollten die Werkzeuge im nächsten Schritt kategorisiert und entsprechend bepunktet werden. Dabei war es mitunter nötig, im Sinne einer eingängigen Spielmechanik zu abstrahieren: So zählt ein Tool wie Statista zu den multidisziplinären Datenbanken, da es verlässlicher ist als Wikipedia und für viele Fachbereiche relevant sein kann. Die Einführung der Aktionskarten brachte schließlich die noch fehlende Dynamik ins Spiel.
Nach Fertigstellung aller Karten wurde ein Prototyp erstellt und in mehreren Testrunden erprobt – mit Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden, FaMI-Auszubildenden sowie in einer offiziellen Schulung.
 

Das Feedback war von Anfang an positiv und auch fachfremde Tester/-innen hatten Freude am Spiel. Gleichzeitig wurden wertvolle Verbesserungsvorschläge eingebracht, die in die Überarbeitung der Spielregeln oder die Einführung einer Zusatzregel für den letzten Stich einflossen. Berechtigte Kritik gab es an der simplen Zuordnung über Symbole, die nicht unbedingt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Karteninhalt fördere. Eine mögliche Lösung wäre, die Teilnehmenden ihre Rechercheaufträge nach dem Spiel mit den verfügbaren Recherchemitteln selbst durchführen zu lassen oder im Plenum über die gesammelten Tools zu sprechen. Ein Thema, das auch noch bei der Vorstellung des Spiels auf dem diesjährigen Bibliothekskongress diskutiert wurde. Das ansonsten große Interesse des anwesenden Fachpublikums, nicht zuletzt dank einer erfolgreichen Social-Media-Kampagne, bestätigte das Potenzial von »Research Master« als innovatives Werkzeug zur Förderung von Informationskompetenz.
 

Institutionen und andere Interessierte finden die Spielmaterialien zur Nachnutzung auf Zenodo unter der Creative Commons-Lizenz CC BY-NC 4.0. Dank Blankokarten kann das Spiel schnell und unkompliziert an die spezifischen Bedarfe einer Einrichtung angepasst werden.

Hier gelangen Sie auf direktem Weg zu den Spielmaterialien

Interessantes Thema?

Teilen Sie diesen Artikel mit Kolleginnen und Kollegen:

Kommentare

Nach oben