Verbesserte Möglichkeiten zur Eingruppierung beim Bund

Aus dem Archiv: Eine neue Richtlinie, die zum 1. Oktober 2022 in Kraft getreten ist, bietet verbesserte Möglichkeiten zur Eingruppierung im TVöD Bund.
Bei der Eingruppierung von Bibliotheksbeschäftigten in den unteren Entgeltgruppen (EG), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der Ausprägung des Bundes fallen, sind Verbesserungen geschaffen worden. Foto: HaDeVau - stock.adobe.com

Ziemlich überraschend sind – wenn auch eingeschränkte – Verbesserungen bei der Eingruppierung von Bibliotheksbeschäftigten in den unteren Entgeltgruppen (EG), die unter den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der Ausprägung des Bundes (kurz als »TVöD-Bund« bezeichnet) fallen, geschaffen worden. Zu diesem gehören Behörden und Einrichtungen des Bundes, wie zum Beispiel auch die Deutsche Nationalbibliothek und die Staatsbibliothek zu Berlin, aber vielfach auch sogenannte »Zuwendungsempfänger«, also Institutionen, die mehr oder weniger vom Bund finanziert werden, zum Beispiel große Wissenschaftsorganisationen.

Zur Einordnung: Vorgeschichte und Ausgangslage

Der Bund war der erste der großen öffentlichen Arbeitgeber, der nach Schaffung der Tarifverträge TVöD und TV-L auch eine neue Entgeltordnung vereinbarte, in der die sogenannten Tätigkeitsmerkmale (TM) aufgelistet sind. Das sind die Kriterien und Definitionen für eine Eingruppierung in die einzelnen EG. Beim Bund geschah dies zum 1. Januar 2014 durch einen weiteren Tarifvertrag, den »Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes« (TV EntgO Bund) mit der Entgeltordnung als Anlage 1. In dieser findet sich im »Teil III: Tätigkeitsmerkmale für besondere Beschäftigtengruppen« der Abschnitt 2 »Beschäftigte in Archiven, Bibliotheken, Büchereien, Museen und anderen wissenschaftlichen Anstalten«.

Das Revolutionäre war zu diesem Zeitpunkt, dass der Bund Möglichkeiten der Bibliothekseingruppierung bis zur EG 12 schuf und zwei vorher nur übertarifliche EG zu tariflichen machte, darunter die EG 8. Ansonsten geschah allerdings in den unteren EG 2-9(a) nichts.

Zum 1. Januar 2017 trat in den Kommunen (TVöD-VKA) eine neue Entgeltordnung in Kraft und zum 1. Januar 2020 eine zum TV-L. In beiden wurden, wenn auch mit Unterschieden, die speziellen Bibliotheks-TM abgeschafft und die dort Beschäftigten seitdem nach den Allgemeinen TM (für den Verwaltungsdienst) eingruppiert. Dies stellte zum einen die Erfüllung uralter Forderungen von Gewerkschaften und Berufsverbänden dar, zum anderen überholten hiermit VKA und TV-L den Bund, dieser wurde vom Vorreiter zum Schlusslicht.

Eine neue Richtlinie des Bundes zur Eingruppierung in Bibliotheken

Nun wurde mit Rundschreiben vom 23. November 2022 seitens des Bundesinnenministeriums eine »Eingruppierungsrichtlinie für Beschäftigte in Archiven, Bibliotheken, Büchereien, Museen und anderen wissenschaftlichen Anstalten« veröffentlicht, die rückwirkend zum 1. Oktober 2022 in Kraft trat. Dabei handelt es sich vom Charakter her um eine »übertarifliche einseitige Arbeitgeber-Richtlinie«, deren Inhalte nicht einklagbar sind. Sie ist zusätzlich zu sehen, denn »die tariflichen Regelungen bleiben unberührt«. Der oben beschriebene TV EntgO Bund gilt also unverändert weiter (das ist insbesondere auch bei der ersten Fallgruppe der EG 4 und bei der EG 5 zu beachten). Der TV EntgO Bund und die Richtlinien sind nebeneinander zu lesen.

Die Richtlinie beinhaltet nur TM zu den EG 4 und 6-9a (EG 9b-12 finden sich nur im Tarifvertrag). Dabei werden eine zweite Fallgruppe in der EG 4 und eine EG 7 und 9a eingeführt sowie die Anforderungen in EG 6 und 8 herabgesetzt – oder andersherum: Die bisherigen TM für eine EG 8 werden jetzt zu EG 9a. Die Richtlinie des Bundes ist in diesen EG damit völlig identisch mit den TM des TVöD-VKA.

 

Pferdefuß und Höhergruppierungsanträge

Allerdings verfügt das Bundesinnenministerium keine neue Eingruppierung, sondern ist nur »damit einverstanden, dass die Eingruppierung … nach … [der Richtlinie] erfolgt, sofern dies für die Beschäftigten günstiger ist als nach den tariflichen Regelungen«. Jede Dienststelle, jede Institution entscheidet selbst darüber, ob sie diese Richtlinie anwenden will.

Wenn eine Dienststelle die Anwendung beschlossen hat, dann können Beschäftigte Höhergruppierungsanträge nach folgenden Regelungen des Rundschreibens stellen:

»1Wendet eine Dienststelle diese Richtlinie an und ergibt sich aufgrund dieser Richtlinie eine höhere Entgeltgruppe als aufgrund der tariflichen Regelungen nach Teil III Abschnitt 2 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund, können die Beschäftigten, die bei Inkrafttreten dieser Richtlinie bereits in einem Beschäftigungsverhältnis zum Bund stehen, nur auf Antrag in die höhere Entgeltgruppe eingruppiert werden, die sich aufgrund dieser Richtlinie i.V. m. § 12 (Bund) TVöD ergibt. 2Der Antrag kann nur innerhalb von sechs Monaten (Ausschlussfrist) ab dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem die Dienststelle die Richtlinie in ihrem Bereich für anwendbar erklärt hat (Anwendungszeitpunkt). 3Der Antrag wirkt dann stets auf das Datum des Anwendungszeitpunkts dieser Richtlinie zurück. 4Ruht das Arbeitsverhältnis zum Anwendungszeitpunkt, beginnt die sechsmonatige Frist mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit; der Antrag wirkt auch dann auf das Datum des Anwendungszeitpunkts dieser Richtlinie zurück. 5Im Übrigen gilt § 26 TVÜ-Bund entsprechend.«

Wer bisher die TM der EG 6 und 8 (im Tarifvertrag) erfüllt, dürfte alle Chancen auf eine Höhergruppierung nach EG 7, 8 oder 9a haben – sofern die Dienststelle eben die Richtlinie anwendet.

Abzuwarten bleibt, wie weit sich eine Anwendung dieser Richtlinie durchsetzt. Hier sollten insbesondere auch die Personalräte aktiv werden.

 

Wolfgang Folter,

Kommission für Eingruppierungsberatung (KEB),

Berufsverband Information Bibliothek (BIB)

Eingruppierungsrichtlinie für Beschäftigte in Archiven, Bibliotheken, Büchereien, Museen und anderen wissenschaftlichen Anstalten (vom 23. November 2022)

EG 9a: Beschäftigte der EG 6 dieser Richtlinie, deren Tätigkeit selbständige Leistungen erfordert. (Hierzu PE Nr. 1)

EG 8: Beschäftigte der Entgeltgruppe 6 dieser Richtlinie, deren Tätigkeit mindestens zu einem Drittel selbständige Leistungen erfordert. (Hierzu PE Nr. 1)

EG 7: Beschäftigte der Entgeltgruppe 6 dieser Richtlinie, deren Tätigkeit mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert. (Hierzu PE Nr. 1)

EG 6: Beschäftigte der Entgeltgruppe 5 Fallgruppe 1 oder 2 des Teils III Abschnitt 2 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund, deren Tätigkeit vielseitige Fachkenntnisse erfordert. (Hierzu PE Nr. 2)

EG 4: Beschäftigte der Entgeltgruppe 3 des Teils III Abschnitt 2 der Anlage 1 zum TV EntgO Bund, deren Tätigkeit mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordert. (Hierzu PE Nr. 3)

(Die Protokollerklärungen (PE) sind identisch mit denen im TV EntgO Bund.)

Interessantes Thema?

Teilen Sie diesen Artikel mit Kolleginnen und Kollegen:

Nach oben