Ein Kühlschrank in der Bibliothek

Beim Klimaschutz sind auch kleine Schritte wichtig: Die Stadtbibliothek Pankow hat ein Modellprojekt gegen Lebensmittelverschwendung in Berlin gestartet.
Verteilstation der Stadtbibliothek Pankow. Foto: Verbraucherzentrale Berlin

Allein in Deutschland werden jährlich rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel als Abfall entsorgt. Ein Großteil davon wäre eigentlich noch genießbar. Ob in der Produktion, der Gastronomie oder im Handel; es werden überall überschüssige Lebensmittel weggeworfen. Auch Verbraucherinnen und Verbraucher tragen einen erheblichen Anteil zur Verschwendung bei. Schätzungsweise die Hälfte aller Lebensmittelverluste, die jährlich in privaten Haushalten entstehen, wäre vermeidbar. Ein möglicher Lösungsweg könnte die Abgabe noch genießbarer Lebensmittel in sogenannten Verteilstationen sein.

Vor diesem Hintergrund führt die Heinrich-Böll-Bibliothek Pankow im Rahmen der Kampagne »Berlin is(s)t klimafreundlich« der Verbraucherzentrale Berlin ein Modellprojekt durch. Ausgestattet mit einem Kühlschrank und einem weiteren Schrank für Trockenware ist die Stadtbibliothek seit Juni 2021 eine solche öffentliche Lebensmittel-Verteilstation und nimmt Lebensmittelspenden entgegen. Sie ist bei der Lebensmittelaufsicht Pankow registriert und erfüllt mit einem konkreten Hygiene-Konzept die Berliner Mindestanforderungen für die Weitergabe von Lebensmitteln.

Werden Spenden abgegeben, prüfen die geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek die Lebensmittel und erfassen die spendende Person, zum Beispiel über den Bibliotheksausweis. Anschließend stehen die Lebensmittel allen Besucherinnen und Besuchern zur kostenlosen Mitnahme zur Verfügung. Die Abgabevorrichtung wird von Unterstützungskräften (Freiwilliges Soziales Jahr,  Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung,  Solidarisches Grundeinkommen) täglich kontrolliert und gereinigt. Dabei werden sowohl die Lebensmittel als auch die Temperatur überprüft. Der Zeitaufwand beläuft sich hierbei auf circa fünf bis zehn Minuten pro Tag.

Als Hilfestellung für den Betrieb einer solchen Verteilstation in öffentlichen Einrichtungen hat die Verbraucherzentrale Berlin einen Leitfaden entwickelt, um die Vorgaben für die Weitergabe von Lebensmitteln einzuhalten. Checklisten und Aushänge dienen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dazu, die Mindestanforderung umzusetzen.

Mehrere Tonnen Lebensmittel »gerettet«

Vor allem aktive Lebensmittelretterinnen und -retter der Initiative »foodsharing« spenden an die Heinrich-Böll-Bibliothek. Die Klimaschutz-Bewegung organisiert sich über eine Online-Plattform (foodsharing.de) und holt in kleinen Teams bei Supermärkten, Bäckereien oder Gastronomiebetrieben überschüssige Lebensmittel ab. Danach werden diese im Bekanntenkreis verteilt oder zu Orten wie der Verteilstation gebracht. Auf diese Weise werden mehrere Tonnen Lebensmittel »gerettet«.

Und auch bei den Nutzerinnen und Nutzern wird der Kühlschrank durchweg positiv angenommen. Ein gespendetes Lebensmittel bleibt nie lange unentdeckt. Mittlerweile spenden auch Nachbarinnen und Nachbarn aus dem Kiez gelegentlich ihre übriggebliebenen Lebensmittel. Andere Personen kommen sogar gezielt in die Bibliothek, um zu schauen, ob es etwas Brauchbares gibt.

Ein rege frequentierter Ort für Menschen jeden Alters wie eine Bibliothek, die ein Bildungsort für gesellschaftlich relevante Themen und Probleme ist und in der das Prinzip »teilen statt besitzen« bereits gelebt wird, ist ein sehr geeigneter Ort, um das Thema Lebensmittelwertschätzung der breiten Öffentlichkeit zu vermitteln und sichtbar zu machen. Mit einer Lebensmittel-Verteilstation können Besucherinnen und Besucher direkt zur Tat schreiten und selbst zu Retterinnen und Rettern werden, indem sie Lebensmittel mitnehmen oder selbst spenden.

Bibliotheken können so effektiv dazu beitragen, Engagement für Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu fördern und ein partizipatives Angebot zu schaffen, das Jung und Alt motiviert, klimafreundlich zu handeln, denn jedes Lebensmittel, das aus der Verteilstation genommen und verzehrt statt weggeworfen wird, bedeutet aktiven Klima- und Ressourcenschutz.

Weitere Infos zum Projekt gibt es hier: https://www.verbraucherzentrale-berlin.de/lebensmittel/pilotprojekt-verteilstationen-lebensmittelverschwendung-eindaemmen-54863

Eva Katharina Hage (Verbraucherzentrale Berlin)

Ausführliche Informationen und Praxistipps zum Klimaschutz in Bibliotheken sind im Themenschwerpunkt der aktuellen BuB-Aprilausgabe zu finden.

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