Beim 3. Bibliothekspolitischen Bundeskongress des Deutschen Bibliotheksverbandes diskutierten rund 200 Vertreter/-innen aus den Bereichen Kultur, Bildung, Wissenschaft und Politik über die Rolle von Bibliotheken als Brückenbauer für Demokratie, Wissenschaft und Gesellschaft.
Wie schaffen Bibliotheken offene Orte der Begegnung und des Austauschs? Und wie barrierefreie Zugänge zu Bildung und Informationen? Wie sichern sie Forschungsdaten und machen diese frei zugänglich? Und wie ermächtigen Bibliotheken die Bürger/-innen, souverän mit Daten umzugehen und Desinformationen zu erkennen? Diese Fragen zeigen bereits, in welchem Aufgaben-Spannungsfeld Bibliotheken heute arbeiten und welche Fragen daraus direkt folgen: Wie können Bibliotheken diese Aufgaben angesichts klammer öffentlicher Kassen erfüllen? Und welche gesetzlichen Rahmenbedingungen benötigen Bibliotheken zur Erfüllung ihrer Aufgaben? Unter dem Motto »Räume für eine offene Gesellschaft und Wissenschaft« wurden diese Fragen am 9. Oktober 2025 beim 3. Bibliothekspolitischen Bundeskongress des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv) im Allianz Forum in Berlin diskutiert.
Bibliotheken als »Demokratieinfrastrukturen«
Dass Bibliotheken zentrale Orte der Begegnung und des gesellschaftlichen Austauschs sind, wurde bereits beim Willkommensgespräch zwischen dem dbv und den Förderern des Kongresses deutlich. »Bibliotheken genießen ein hohes Vertrauen – vielleicht sogar mehr als andere demokratische Institutionen«, so Lan Böhm von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Gleichzeitig müsse man Bibliotheken ermutigen, noch stärker politisch Haltung zu zeigen. Christian Humborg, Vorstand der Allianz Foundation unterstrich, dass Bibliotheken wie auch Museen und Theater sogenannte »Demokratieinfrastrukturen« seien. Daher sei es für ihn auch nicht nachvollziehbar, dass Öffentliche Bibliotheken sonntags immer noch nicht öffnen dürfen.
In seinem Eingangsvortrag räumte Lars Rohwer von der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und Vorsitzender des Landesverbands Sachsen im dbv zunächst mit hartnäckigen Klischees über Bibliotheken auf und unterstrich stattdessen ihren innovativen Wert im digitalen Zeitalter. Zugleich wiederholte er die Forderung aus dem Koalitionsvertrag zur Sonntagsöffnung: »Uns geht es nicht um die Abschaffung der Sonntagsruhe. Wir wollen, dass Bibliotheken in dieser Frage mit Museen und Theatern gleichgestellt sind. […] Ich hoffe sehr, dass wir in dieser Legislaturperiode eine entscheidende Verbesserung der Öffnungszeiten für Bibliotheken erreichen können. Dann kann der Familienausflug am Sonntag nicht nur ins Museum oder Theater, sondern auch in die Bibliothek führen.«
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um die Frage, was Bibliotheken für den gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten können. Auch hier wurde die Sonntagsöffnung diskutiert. Katrin Göring-Eckardt, MdB und Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages, warb angesichts knapper Kassen und Fachkräftemangel auch für Open Library Modelle. Sie verwies zudem darauf, dass der politische Fokus vor allem auch auf die Orte gelenkt werden müsse, wo es kaum kulturelle Angebote gebe: die ländlichen Räume.
Für Annekatrin Klepsch, Mitglied des Kulturausschusses beim Deutschen Städtetag und Bürgermeisterin für Kultur, Wissenschaft, Tourismus der Landeshauptstadt Dresden, sei es wichtig, vielfältige soziodemographische Settings zu ermöglichen, damit Menschen gemeinsam Demokratie erleben können. Wichtig sei ihr zudem die stärkere Verankerung von Bibliotheken in der Stadtentwicklung, mehr Eigenverantwortlichkeiten von Bibliotheken vor allem beim Einstellen von Personal sowie ein nationales Bibliotheksgesetz, in dem die Mindestausstattung von Bibliotheken geregelt wird.
Auch Dr. Roland Löffler, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, forderte eine gute Ausstattung von Bibliotheken und brach zugleich eine Lanze für das ehrenamtliche Engagement in Bibliotheken, zum Beispiel durch Freundeskreise, insbesondere in ländlich geprägten Regionen. Gerade dort sei es zentral, Kooperationen mit anderen Akteuren einzugehen.
Den Aspekt der Kooperationen griff auch Katarzyna Wielga-Skolimowska, Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes (KSB), auf. Nicht nur die Zusammenarbeit mit Partnern sei wichtig, um sich für die Zukunft gut aufzustellen, sondern auch die Notwendigkeit, sich angesichts klammer Haushaltslagen sowie der Folgen des Klimawandels zu transformieren. Aus den Erfahrungen der Programme der Kulturstiftung des Bundes wie TRAFO, Hoch Drei oder Lokal sei es hilfreich, Zukunftsvisionen zu entwerfen und dabei mit den Nutzenden ins Gespräch zu kommen. Abschließend warb sie bei den anwesenden Bibliotheksvertretern und Bibliotheksvertreterinnen für das Förderprogramm Lokal der KSB und ermutigte sie, sich für eine Förderung zu bewerben.
Denn wie wertvoll die Teilnahme an einem Programm der KSB sein kann, davon berichtet Frauke Untiedt, stellvertretende Bundesvorsitzende des dbv und Direktorin der Hamburger Bücherhallen. Im Rahmen des Projekts 360 Grad haben die Bücherhallen begonnen, sehr viel mehr Kooperationspartner in den Stadtteilen zu suchen, um damit vor allem diejenigen Menschen anzusprechen, die die Bücherhallen bislang noch nicht besuchen.
Um Teilhabe ging es auch in den vier Workshops, in denen die Kongressteilnehmer/-innen in kleineren Gruppen in den Austausch zu den Themen Barrierefreiheit, Umgang mit umstrittener Literatur, Förderung der Informationskompetenz sowie digitale Souveränität gingen. So machte Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, in seinem Vortrag deutlich, dass Inklusion und Teilhabe ein Menschenrecht und keine optionalen »nice to haves« seien. Dennoch gebe es in Bibliotheken immer noch Schwierigkeiten, den Zugang zu Informationen und Medien wirklich barrierefrei umzusetzen. Neben baulichen, technischen und medialen Veränderungen brauche es eine bessere Qualifikation der Mitarbeitenden sowie mehr finanzielle Mittel, um die Bibliothek als Ort der Demokratie und Begegnung wirklich barrierefrei zu gestalten.
Den kompletten Artikel können Sie in der BuB-Ausgabe 11/2025 weiterlesen: als Printausgabe oder in der App.